Ab wann ist ein Vollpfosten ein Vollpfosten?

"... der werfe den ersten Stein"

Im Prinzip hat jeder Mensch eine eher gute Meinung von sich selbst. Diese Wahrnehmung hat uns wohl Mutter Natur mitgegeben. Sie dient dem (psychischen) Überleben und wappnet einen gegen Kritik, die das Selbstwertgefühl erschüttern würde.
Und: Stellen Sie sich mal vor, unsere Vorfahren wären von Natur aus depressiv und Softie-like durch die Wälder geschlürft. Wir wären wohl schon längst ausgestorben, oder?
Das heißt, auch Vollpfosten ergeht es selbstbildtechnisch eher positiv. Eigentlich fies, oder? Da stellt sich doch die Frage: Ab wann ist ein Vollpfosten eigentlich ein Vollpfosten?

Wenn man immer eine "weiße Weste" haben will

"Aber eigentlich bist du doch dran schuld, gib es doch zu!"

Überall dort, wo Menschen miteinander zu tun haben, ergeben sich irgendwann Konflikte. Das ist ganz normal. Ebenfalls normal ist es, dass man die Schuld an dem jeweiligen Konflikt eher auf den anderen schiebt (das ist ja auch besser fürs Selbstwertgefühl).
Zum Vollpfosten wird man, wenn man immer den anderen für das Problem verantwortlich macht. Schwachsinn hoch zehn. Denn es kann gar nicht so sein, dass man immer das Unschuldslamm ist. Tatsächlich gehören zu einem Konflikt beide Parteien; jeder gibt seinen Senf dazu, wenn auch unbewusst.

Wenn man in der Sackgasse stets auf die Tränendrüse drückt

"Wie kannst du nur SOWAS zu mir sagen?!"

Jeder Mensch zeigt auch ein unterschiedliches Verhalten in einem Konflikt. Der eine erscheint aggressiv und aufbrausend, der andere ist ganz ruhig (aber trotzdem recht fies). Sicher müssen irgendwann mal so richtig die Fetzen fliegen. So ein Gewitter reinigt bekanntlich die jeweilige Beziehung. Klar.
Manche Vollpfosten gehen in brisanten Situationen aber mit "Wasserkraft" vor, um die Reinigung zu umgehen. Konkret: Sollte der Gesprächspartner Oberwasser bekommen und den Eindruck machen, als sei er auf der richtigen Bahn, bricht man selbst wie auf Knopfdruck recht theatralisch in Tränen aus, um die Situation zu beenden. Fazit: Mit Wasserkraft vorgehen - das machen eigentlich Kinder!

Wenn man andere nervt und es gar nicht merkt

"Ich gerate immer an die falschen Freunde!"

Vollpfosten haben manchmal einen recht hohen Verschleiß an Freundschaften und meinen dann: "Ich weiß auch nicht, warum." So was liegt aber nicht, wie oben schon ausführlich beschrieben, immer "an den anderen" - wovon Vollpfosten natürlich wie selbstverständlich überzeugt sind -, sondern an den Vollpfosten selbst!
Man darf sich also ruhig mal so seine Gedanken im Falle von sich schnell ergebenden und vergehenden Freundschaften machen. Fragen Sie sich: Könnte auch ich einen Eigenanteil an dem Dilemma haben? Wann haben sich meine Bekannten von mir abgewendet? In welchen Situationen? Befragen Sie auch Ex-Partner!
Im Endeffekt sollte man sich aber auch nicht verrückt machen. Es gibt so viele Vollpfosten (und auch die "Normalen" sind hin und wieder vollpfostenverdächtig): Da kommt es auf einen mehr oder weniger auch nicht mehr an, oder?

Ab wann ist ein Vollpfosten ein Vollpfosten?

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